Deutsch ist nicht gleich Deutsch

Germany

Für Übersetzer des Englischen ist es keine Neuigkeit, wenn auf die unterschiedlichen Varianten des Englischen hingewiesen wird. Vielmehr ist es eine Alltäglichkeit für sie, dass Übersetzungen häufig in einer bestimmten Varietät angefragt werden. Schließlich ist es unlängst bekannt, dass es durchaus große Unterschiede beim Englischen gibt, je nachdem, ob man britisches Englisch spricht, oder aber amerikanisches, australisches, indisches oder südafrikanisches. Aber auch bei anderen Sprachen gibt es solche Unterscheidungen, z. B. beim Spanischen, Portugiesischen und Deutschen – und auf Letzteres gehen wir in diesem Beitrag genauer ein. 

Die deutsche Sprache

Wenn man an die deutsche Sprache denkt, haben die meisten Menschen vermutlich Deutschland im Kopf. Dabei wird Deutsch auch von zahlreichen Menschen in anderen Ländern gesprochen. Da wären etwa Österreich und Liechtenstein, wo Deutsch im gesamten Staatsgebiet gesprochen wird. Hinzu kommt die Schweiz, wo Deutsch eine von 4 Amtssprachen ist und ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung deutsche Muttersprachler sind. Außerdem gibt es in einigen weiteren Ländern deutschsprachige Minderheiten, wo Deutsch eine regionale Amtssprache ist oder zumindest als Minderheitensprache anerkannt wird. Zu diesen Ländern gehören beispielsweise Italien, Belgien und Luxemburg mit mehr oder weniger kleinen Regionen mit einer deutschsprachigen Bevölkerung sowie Ungarn, Polen, Tschechien und Kasachstan, wo kleine deutschsprachige Minderheiten beheimatet sind.

Man geht davon aus, dass es in über 40 Ländern weltweit über 100 Millionen Muttersprachler des Deutschen gibt[1]. Bei so einer großen Anzahl von Sprechern, die auf zahlreiche Länder verteilt sind, ist es nicht verwunderlich, dass es auch mehrere sprachliche Varianten gibt, die beim Übersetzen nicht außen vor gelassen werden sollten. 

Als Übersetzer, der Texte ins Deutsche überträgt, erlebt man jedoch überraschend selten, dass ein Text an eine bestimmte Varietät angepasst werden soll. Vielmehr begegnet man einer Art Standard, welcher dem Hochdeutschen, so wie es in Deutschland verwendet wird, angelehnt ist. Dieses wird oftmals als Standarddeutsch betrachtet, obwohl sich die amtliche Schriftsprache in den Ländern unterscheidet und eigentlich mehr als nur eine einzige Norm existiert. 

Wenn Sie also einen Kunden aus der Schweiz, Liechtenstein oder Österreich haben, dann lohnt es sich garantiert, den übersetzten Text an die Variante des jeweiligen Landes anzupassen. Hier geben wir Ihnen einige einfache Tipps, wie Sie Ihre Übersetzungen anpassen können und für zufriedene Kunden sorgen. 

Schweiz

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Schweiz, denn es gibt eine sehr einfache Möglichkeit, um Ihren Text einen schweizerischen Touch zu verleihen – vermeiden Sie sämtliche „ß“, denn dieser Buchstabe existiert in der Schweizer Schriftsprache spätestens seit der Rechtschreibreform von 2006[2] gar nicht mehr. Sie können also jedes „ß“ in Ihrem Text durch ein „ss“ ersetzen. So wird aus „Liebe Grüße“ eben „Liebe Grüsse“. 

Außerdem zeigt sich in der Sprache die Nähe zum Französischen, wenn es um eingedeutschte Wörter geht. So schreibt man in Deutschland „Menü“, in der Schweiz jedoch „Menu“. Es lohnt sich also, auf diese Besonderheit bei ursprünglich französischen Wörtern zu achten. 

Weiterhin gibt es eine Gruppe von Wörtern, die man als „Helvetismen“ bezeichnet. Dieser Begriff stammt aus dem Lateinischen und geht auf den Namen der keltischen Volksgruppe der Helvetier zurück, welche zur Zeit der Römer das Gebiet der heutigen Schweiz besiedelten. Man kann also sagen, es handelt sich um typische Schweizer Wörter.

switzerland

Hier einige Beispiele für solche Helvetismen:

Da es zahlreiche solcher Wörter gibt, sollten Sie einen Text besser von einem schweizerischen Muttersprachler korrigieren lassen, oder von einer Person, die schon lange in der Schweiz lebt bzw. mit den regionalen Besonderheiten vertraut ist. Eine gute Übersicht über in der Schweiz gebräuchliche Wörter finden Sie unter anderem hier.

Weitere Besonderheiten der Schweizer Schriftsprache finden sich in der Zeichensetzung. Die Anführungszeichen unterscheiden sich von denen, die die Rechtschreibung in Deutschland vorsieht, denn die Schweizer verwenden wie die Franzosen die sogenannten Guillemets («»). 

Große Zahlen werden in Deutschland mit einem Punkt oder Leerzeichen abgetrennt, z. B. 1.500, in der Schweiz schreibt man hingegen 1’500. Anstelle eines Doppelpunktes bei Uhrzeiten benutzt man nur einen Punkt. Man schreibt in der Schweiz also 14.21 Uhr anstelle von 14:21 Uhr.

Eine weitere Besonderheit ist, dass Abkürzungen für Währungen in der Schweiz immer vor der Summe stehen, anstatt wie in Deutschland dahinter. Die fehlenden Nullstellen werden mit Punkt und Gedankenstrich angegeben. So schreibt man in der Schweiz CHF 254.– und in Deutschland 254,– CHF.

Wenn Sie diese Regeln bei Ihrer Übersetzung einhalten und einen Schweizer Lektor zurate ziehen, dann können Sie sich sicher sein, dass Sie bei Ihren Schweizer Kunden einen sehr guten Eindruck hinterlassen werden. 

Liechtenstein

In Liechtenstein spricht man alemannische Dialekte, und obwohl das Land und seine Bevölkerung recht klein sind, muss Dialekte hier definitiv in der Mehrzahl stehen. Amtssprache ist laut Verfassung jedoch das Standarddeutsche, wobei man sich in der offiziellen Schriftsprache an den Regeln der Schweizer Schriftsprache orientiert. 

Sie werden also bei Ihrem Liechtensteiner Kunden Pluspunkte sammeln, wenn Sie in Ihren Texten das „ß“ vermeiden. Generell können Sie sich am vorigen Abschnitt über die Schweizer Schriftsprache orientieren, wenn Sie Ihre Übersetzung an den Liechtensteiner Markt anpassen möchten. 

Liechtenstein

Österreich

Im Gegensatz zur Schweiz und Liechtenstein wird in Österreich nach wie vor das „ß“ verwendet. Auch die Regeln der Zeichensetzung unterscheiden sich nicht von den in Deutschland üblichen. 

Unterschiede findet man vielmehr im Wortschatz. Auch wenn viele Begrifflichkeiten eher auf dialektaler Ebene angesiedelt sind, gibt es einige Wörter, die in der Schriftsprache etabliert sind und somit dabei helfen können, Ihre Übersetzungen an den österreichischen Markt anzupassen. 

Hier einige für die österreichische Schriftsprache typische Wörter:

Des Weiteren gibt es einige offizielle Phrasen, die eine Besonderheit darstellen:

Austria

Aufgrund seiner geografischen Lage hat das Österreichische viele Wörter aus der Schweiz übernommen und aus dem Slowenischen, Ungarischen, Slowakischen und Tschechischen eingedeutscht. Sie sollten also auf die Dienstleistungen eines österreichischen Lektors zurückgreifen, wenn Sie Ihre Texte auf den österreichischen Markt zuschneiden möchten. Damit garantieren Sie, dass die Standards der Schriftsprache eingehalten werden und der Text nicht ins Dialektale abrutscht. 

Mit dieser Übersicht haben Sie eine Vorstellung erhalten, wie Sie Ihre Texte an die deutschsprachigen Märkte außerhalb Deutschlands anpassen können. Dabei ist jedoch zu beachten, dass jeder Österreicher, Schweizer und Liechtensteiner wenig bis keine Probleme haben wird, einen Text, der an den bundesdeutschen Markt angepasst ist, zu verstehen. Im Gegenzug wird ein Deutscher manchmal einige Schwierigkeiten haben, einen für den Schweizer Markt verfassten oder übersetzten Text nachvollziehen zu können. Eine Anpassung an die kleineren deutschsprachigen Märkte ist also nur sinnvoll, wenn der Text tatsächlich ausschließlich für diesen bestimmt ist. Ansonsten werden Sie mit einem Text, der sich an die Schriftsprache in Deutschland orientiert, ein größeres Publikum erreichen.


[1]    https://www.deutschland.de/de/topic/wissen/muttersprache-deutsch-in-42-laendern-der-welt

[2]    https://auf-in-die-schweiz.de/magazin/eszett-ss-in-der-schweiz/#:~:text=Ab%20dem%201.,Reform%20von%202006%20nicht%20mehr

Melden Sie sich bei uns! Wir freuen uns auf Sie!

Vergessen Sie nicht, Ihre E-Mail-Adresse und Dateien hinzuzufügen und stellen Sie sicher, dass Sie Ihre Anfrage absenden. Wir warten auf Sie.